Freiburger Journalist soll jetzt doch vor Gericht
Wegen einer Verlinkung soll sich ein Journalist des freien Senders Radio Dreyeckland nun doch vor Gericht verantworten. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart kippt damit in zweiter Instanz einen Beschluss des Landgerichts Karlsruhe. Fachleute sehen die Pressefreiheit in Gefahr.
(13.06.2023 um 15:53 Uhr - Sebastian Meineck - in Demokratie - 20 Ergänzungen)
Beim Vorgehen der Staatsanwaltschaft Karlsruhe gegen einen Freiburger Journalisten gab es eine Kehrtwende: Der Redakteur soll sich nun doch vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, durch eine Verlinkung in einem Nachrichtenartikel eine verbotene Vereinigung unterstützt zu haben – und das wäre eine Straftat.
Vor knapp einem Monat hatte das Landgericht Karlsruhe noch gesagt: Nein, es soll kein Verfahren gegen den Journalisten geben. Beobachter*innen feierten das als Erfolg für die Pressefreiheit. Aber die Freude währte nur kurz. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat den Beschluss des Landgerichts in zweiter Instanz aufgehoben; die Hauptverhandlung soll beginnen.
Der Freiburger Radiosender hatte in einem Artikel auf die Archivseite von linksunten.indymedia verlinkt. Das Portal war bis zu seinem Verbot eine wichtige Anlaufstelle für Teile der linken und linksextremen Szene, für Demonstrationsaufrufe und Bekennerschreiben. Die Vereinigung hinter linksunten.indymedia ist allerdings seit 2017 verboten – das heißt, ihre Unterstützung ist strafbar. Und eine solche Unterstützung erkennt die Staatsanwaltschaft in der Verlinkung des Portals bei Radio Dreyeckland.
Link als „Verlängerung der Internetseite“
Seit dem Verbot vor fünf Jahren ist linksunten.indymedia eine Archivseite, es erscheinen dort keine neuen Artikel. Das OLG Stuttgart argumentiert jedoch in einer Pressemitteilung, es sei „überwiegend wahrscheinlich“, dass die Vereinigung „linksunten.indymedia“ weiterhin existiere. Der Grund: Das Archiv sei noch online. Außerdem gebe es im Archiv einen Hinweis darauf, Geld zu spenden. Der Artikel von Radio Dreyeckland habe laut OLG einen „Werbeeffekt“, und dieser Effekt stehe gar „im Vordergrund“. Das Gericht schlussfolgert, der Artikel erscheine „als ‚Verlängerung‘ der Internetseite“. Er sei „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht von der Pressefreiheit gedeckt.“
Weiter heißt es in der Pressemitteilung des OLG: Durch seinen „Appellcharakter unterscheide sich der Artikel des Angeklagten grundlegend von anderen Berichten, die ebenfalls einen Link auf das Archiv enthielten, dazu aber sachlich über das Gesamtgeschehen und die Standpunkte der Kritiker der Verbotsverfügung informierten.“
Völlig anders bewertet das die Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF). „Die Verlinkung der Archivseite ist keine Propaganda, sondern gehört zu den Aufgaben der digitalen Presse“, sagt David Werdermann, Jurist und Verfahrenskoordinator der GFF. Nur so könnten Leserinnen sich selbst informieren und eine Meinung bilden. „Wenn Medien mit Strafverfahren rechnen müssen, nur weil sie kritisch über staatliche Vereinsverbote berichten, dann bleibt von der Pressefreiheit nicht mehr viel übrig.“
Anklage „verunsichert Journalistinnen in der ganzen Republik“
Die GFF möchte den angeklagten Journalisten weiter unterstützen. Mit wie viel Nachdruck die Staatsanwaltschaft das Anliegen verfolgt, wurde im Januar dieses Jahres deutlich: Im Vorfeld der Anklage gab es Razzien, unter anderem in der Privatwohnung des Journalisten und in der Redaktion des Radiosenders. Das heißt, Polizist*innen haben wegen einer Verlinkung Zimmer durchsucht. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen“ verurteilt das, der Radiosender und die GFF haben gegen die Durchsuchungen Beschwerden eingereicht.
Das Ganze könnte noch weiter eskalieren: „Für den Fall, dass die Beschwerden keinen Erfolg haben oder der RDL-Journalist gar verurteilt wird, kündigt die GFF an, Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht zu erheben“, schreibt Werdermann.
Vor Gericht wegen eines Links – der angeklagte Radio-Redakteur Fabian Kienert spricht von „Kriminalisierung“. Das belaste nicht nur ihn, „sondern verunsichert Journalist*innen in der ganzen Republik“, schreibt er. Die baden-württembergische Justiz brauche offenbar Nachhilfe in Sachen Pressefreiheit. „Es muss möglich sein, kritisch über Vereinsverbote zu berichten, ohne sich direkt dem Vorwurf auszusetzen, eine verbotene Vereinigung zu unterstützen.“
Interessierte können sich selbst ein Bild von der Nachrichtenmeldung machen, der ein „Appellcharakter“ und „Werbeeffekt“ für linksunten.indymedia vorgeworfen wird. Sie besteht aus knapp 150 Wörtern und ist nach wie vor online.
Das wäre doch ein Eingeständnis, dass man mit mehrheitlicher Regierungsbeteiligung an fast allen Regierungen seit dem Zweiten Weltkrieg absolut versagt und exakt nichts gemacht hat.
Das geht natürlich nicht. Dann müsste sich die CxU mal an die eigene Nase fassen und Fehler einräumen. Du kannst nicht riskieren, dass denen allesamt die Köpfe explodieren vor inhaltlichen Widersprüchen. Also einfach so lange lügen wie es geht, der Bürger ist ja evident zu unmündig, um es zu bemerken.