this post was submitted on 26 Nov 2023
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[–] bearwithastick@feddit.ch 37 points 11 months ago* (last edited 11 months ago) (14 children)

Die Vergleiche mit diesen spezifischen Begriffen sind vielleicht absurd. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Israel vor jeder Kritik zu schützen ist und nie etwas falsch gemacht hat, wie es in diesem Interview rüberkommt.

Ist auch immer wieder schön, wie wir über die korrekte Verwendung von Vergleichsbegriffen diskutieren, während dort unten die Menschen auf beiden Seiten dahingeschlachtet werden.

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[–] tryptaminev@feddit.de 25 points 11 months ago (2 children)

Stephan Grigat: Hier muss der Begriff selbst problematisiert werden. Es ist es völlig normal, dass Menschen die Politik kritisieren, die etwa in Stockholm, Tokio oder Madrid gemacht wird. Aber wir kennen keine Wörter wie Schweden-, Japan- oder Spanienkritik. „Israelkritik“ ist vom Wort her eine Kritik am Staat Israel als solchem und keine Kritik an bestimmten politischen oder militärischen Entscheidungen.

Hmm, von einem Deutschen Experten hätte ich mir da schon erwartet, dass er die Gruppe der Antideutschen kennt, die sich ja unter anderem stark pro Israel positionieren. Genauso gibt es ja auch den Begriff des Antiamerikanismus. Da wird aber nicht direkt der Begriff problematisiert.

Ist es angebracht, im Nahostkontext von Juden, anstatt von Israelis zu sprechen?

Man muss von beidem sprechen. Die israelische Bevölkerung besteht im Kernland aus etwa 80 Prozent Juden. Das spielt eine entscheidende Rolle, da Israel kein gewöhnlicher Staat ist, sondern als unmittelbare Reaktion auf eine Verfolgungs- und Vernichtungsgeschichte als jüdischer Staat gegründet wurde, der sich selber auch so begreift. Schon zur Abbildung der Realitäten ist es zwingend notwendig, von Juden zu sprechen.

Hier soll also begrifflich entgrenzt werden, und Juden außerhalb Israels mit Israel in einen Topf geworfen werden. Damit kann man dann natürlich auch direkt in jeder Kritik am Staat Israel Antisemitismus entdecken, den man selber zuvor noch gefordert hat.

Der Antizionismus – also die Ablehnung der jüdischen Nationalstaatsidee – projiziert dann alles Negative nicht auf Juden, sondern auf den jüdischen Staat Israel. Natürlich gibt es auch einige Ausprägungen, die nichts mit Antisemitismus zu tun haben, vor allem bei ultraorthodoxen Juden oder radikalen Linken vor dem Nationalsozialismus. Wenn aber heute jemand den Zionismus ablehnt, hätte ich zunächst eine ganze Reihe von Nachfragen. Zum Beispiel, warum es gerade Juden nicht erlaubt sein sollte, einen eigenen Staat zu gründen.

Wäre mir neu im deutschen Diskurs, dass es dabei darum ginge das Juden keinen eigenen Staat gründen sollen dürfen. Es geht doch darum, dass man einen Staat nicht dadurch gründen kann, dass man die dort lebenden Menachen vertreibt und entrechtet. Beim jetzigen Zionismus geht es doch auch nicht nur darum einen jüdischen Staat zu haben, sondern einen jüdischen Staat im heiligen Land, egal wer da noch so lebt(e).

Der Vorwurf des Kolonialismus ist absurd, wenn man sich die Geschichte der israelischen Staatsgründung anschaut: Sie war auch ein antikolonialer Akt, da die Zionisten damit die Briten aus dem Land vertrieben haben.

Das ist ja nun wirklich Unfug. Nach der Logik hätten ja Deutschland und Russland jedes mal antikolonialistisch gehandelt, als sie den jeweils anderen aus Polen vertrieben und die Herrschaft übernommen haben.

Nichtsdestotrotz finden sich in frühen zionistischen Schriften auch Formulierungen wie „Wir müssen das Land kolonisieren“. Das ist aber ein ganz anderer Kontext als beim europäischen Kolonialismus. Die Diskussion über die heutige Siedlerbewegung würde ich davon loslösen. Hier geht es nicht um Kolonialismus, sondern um die Konkurrenz zweier Nationalstaatsbewegungen

Ab hier wird es dann lächerlich. Die Realität ist, dass die Bevölkerung eines Besatzerstaates die besetzte Bevölkerung vertreibt, um sich das Land anzueignen. Das ist klassischer Kolonialismus, und weil der europäische Kolonialismus mit Bodenschätzen und Agrarprodukten andere Schwerpunkte gesetzt hat, macht es den Siedlerkolonialismus nicht weniger kolonialistisch.

Auch der Genozid-Vorwurf ist in der aktuellen Situation eine Schuldumkehr: Israel begeht keinen Genozid, sondern führt einen Antiterror-Krieg gegen antisemitische Mörderbanden. Beim Massaker der Hamas hingegen müsste von genozidaler Gewalt gesprochen werden.

Jaja, und weil man ja Antiterrorkrieg führt, ist es ja egal wie und wieviele Menschen man tötet. Das Prinzip kennt man ja schon von der amerikanischen Irakinvasion...

Schon heftig, wie man sich die Welt zurechtlegen kann. Erst wirft man als Antisemitismus"experte" Juden und Israel in einen Topf, um dann jede Kritik als Antisemitismus brandmarken zu können. Andererseits spricht man von Täter-Opfer-Umkehr, nimmt aber die Einordnung von Begriffen wie Kolonialismus anhand der Täterperspektive und nicht der Opferperspektive vor.

[–] Microw@lemm.ee 2 points 11 months ago (1 children)

Der antikoloniale Aspekt der Vertreibung der Briten ist schon korrekt so, kein Unfug. Die Briten waren die Kolonialmacht im Mandatsgebiet.

Die Aschkenasim im Mandatsgebiet nehmen eine ähnliche Rolle ein wie die Siedler in den Dreizehn Kolonien zur Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs.

[–] geissi@feddit.de 4 points 11 months ago (1 children)

Der antikoloniale Aspekt der Vertreibung der Briten ist schon korrekt so

Wurden die Briten „vertrieben“?
Sind die Israelies die zuvor von den Briten kolonisierte Bevölkerung?

[–] Microw@lemm.ee 2 points 11 months ago

Stichwort Terror der Irgun gegen die britische Kolonialkräfte. Ja, die Briten wurden vertrieben - auch wenn sie den Abzug davor schon erwogen hatten.

Die Israelis sind teilweise die kolonialisierte Bevölkerung, schließlich war ein Teil der späteren Staatsbevölkerung bereits 1918 bei der britischen Machtübernahme im Gebiet ansässig. Der andere Teil immigrierte zwischen 1918 und 1947, die sind es nicht.

[–] Microw@lemm.ee 1 points 11 months ago

Der antikoloniale Aspekt der Vertreibung der Briten ist schon korrekt so, kein Unfug. Die Briten waren die Kolonialmacht im Mandatsgebiet.

Die Aschkenasim im Mandatsgebiet nehmen eine ähnliche Rolle ein wie die Siedler in den Dreizehn Kolonien zur Zeit des Amerikanischen Unabhängigkeitskriegs.

[–] Raikin@feddit.de 23 points 11 months ago

Es überrascht mich, dass dieser "Experte" nicht weiss, dass sich der Apartheidsbegriff nicht nur explizit auf Südafrika bezieht und dass nach UN- und ICC-Definition Rassismus nicht Teil der Intention der Unterdrückung sein muss (auch wenn ich das zumindest einem grossen Teil der israelischen Politik unterstellen würde).

Insgesamt ist dieser Artikel leider auch nur ein Haufen Israel-Apologismus, nicht besser als was wir von pro-russischen Propagandisten aufgetischt bekommen, um die Invasion zu rechtfertigen. Schade drum, die taz zeigt, dass man auch in Deutschland guten Journalismus zu dem Thema machen kann.

[–] RedPandaRaider@feddit.de 22 points 11 months ago (4 children)

Vergleiche mit dem Holocaust oder Nazi Deutschland sind daneben und verharmlosen nur was damals passiert ist.

Der Kolonialismusvergleich ist aber gerechtfertigt, genauso wie jegliche andere Kritik gegenüber der Apartheidpolitik in Israel. Was dort geschieht ist alles andere als "die einzige Demokratie im Nahen Osten". Es ist ein Staat der spezifisch den Juden auf religiöser und ethnischer Ebene dient und nicht der ganzen Bevölkerung, wie zum Beispiel den Arabern im Land. Selbst die Parteienladnschaft ist nach Ethnien und Religion segregiert.

Und nein das entschuldigt nicht die Hamas, aber andersherum auch nicht.

[–] luxuslurch@feddit.de 5 points 11 months ago

Der Kolonialismusvergleich ist aber gerechtfertigt, genauso wie jegliche andere Kritik gegenüber der Apartheidpolitik in Israel.

Ja eben gerade nicht.

[–] PepeLivesMatter@lemmy.today 3 points 11 months ago* (last edited 11 months ago)

Hmm ich weiß nicht, der größte Unterschied zwischen Israel und den Nazis ist im Prinzip, dass sie sie Palästinenser ihr Konzentrationslager selbst verwalten lassen. Ethnische Säuberungen und gezielte Ermordungen finden halt trotzdem statt, wenn auch vielleicht nicht im gleichen Stil.

Aber der Großteil der Toten bei den Nazis kam ja auch erst zum Kriegsende. Davor waren es ja auch “nur” Arbeits- und Haftlager und man hat weltweit ein paar Augen zugekniffen.

[–] Microw@lemm.ee 2 points 11 months ago

Das spannende am Staat Israel ist, dass er in seiner Entstehung wie Liberia gleichzeitig antikolonial und kolonial ist.

[–] Microw@lemm.ee 2 points 11 months ago

Das spannende am Staat Israel ist, dass er in seiner Entstehung wie Liberia gleichzeitig antikolonial und kolonial ist.

[–] Black_Cat@feddit.de 20 points 11 months ago (2 children)

Auch wenn ich nicht weiß, ob man manche Leute überhaupt noch mit Argumenten erreicht, finde ich diesen Artikel doch ganz hilfreich, wenn man Argumente gegen die Dämonisierung Israels benötigt.

Allerdings finde ich es ein wenig schade, dass beim Punkt "Kolonialismus" nicht die über 800.000 vertriebenen Juden aus arabischen Ländern und dem Iran erwähnt werden, die in Israel nach 1948 Zuflucht gefunden haben und deren Nachfahren heute mehr als die Hälfte der jüdischen Bevölkerung Israels ausmachen. Denn deren Existenz macht den Vorschlag, die Juden sollten "zurück nach Polen gehen", den ich schonmal gelesen habe, irgendwie obsolet.

[–] the_wise_wolf@feddit.de 14 points 11 months ago

Tatsächlich bringst du hier noch den besten Punkt. Die Argumentation in dem Interview halte ich für extrem einseitig und in vielen Fällen nicht korrekt.

[–] dumdum666@kbin.social 8 points 11 months ago

Ich habe auch nicht den Eindruck, dass man auf Basis von Argumenten diskutiert.

[–] Black_Cat@feddit.de 17 points 11 months ago (1 children)

Klasse, wenn der Beitrag schneller runtergevotet wird, als man den Artikel überhaupt lesen kann!

[–] quarry_coerce248@discuss.tchncs.de 10 points 11 months ago* (last edited 11 months ago)
  1. Mopo
  2. Apartheidleugnung, damit kannst du den "Experten" als Propagandisten in die Tonne kloppen.
[–] Elchi@feddit.de 6 points 11 months ago