Haben Sie das Video gesehen, in dem ein Kameramann von Puls24 auf einer FPÖ-Demonstration weggeschubst wurde? Der Slogan auf dieser von der Wiener FPÖ organisierten Kundgebung auf dem Keplerplatz in Favoriten lautete "Wien darf nicht Kabul werden".
Die Freiheitlichen behaupten, die Handgreiflichkeit gegen den Fernsehmann sei in Wirklichkeit eine böse Provokation gewesen - und zwar vom Kameramann. Dieser ist auf einem anderen Video zu sehen, wo er einem FPÖ-Sympathisanten mit seiner Kamera extrem nahe kommt. Aber auch das rechtfertigt keine Gewalt gegen Medienvertreter.
Der Pressesprecher der Wiener FPÖ nannte den blauen Rempler einen "jungen Hitzkopf" und den Kameramann einen "Provokateur".
Aber ein ganz so unbekanntes Gesicht ist der junge Mann mit den nach rechts gebürsteten Haaren nicht, der sich auf dem Video Seite an Seite mit rechtsextremen Identitären zeigt.
Er heißt Jan Staudigl und ist seit 2020 Bezirksfunktionär der FPÖ-Landstraße. Er kandidiert aktuell für die Freiheitlichen bei der Arbeiterkammerwahl, wenn auch ziemlich weit hinten auf der Liste.
Sein Auftritt am Keplerplatz ist nicht das erste Filmdokument, in dem dieser Jungfreiheitliche aus Wien-Landstraße, der keine Berührungsängste zu den rechtsextremen Identitären hat, eine wichtige Rolle spielt.
Die FPÖ-Parteijugend hat in den vergangenen Wochen eine Serie über "Wiener Orte der Schande" gedreht. Ganz mutig marschieren die blauen Jungmänner (Frauen sind keine dabei) an Orten auf, die aus FPÖ-Sicht "Mahn- und Schandmale" dieser Stadt sind. Prominent im Bild: Staudigl.
Da stellte sich das blaue Kamerakind vom Keplerplatz zum Beispiel auf die Wienzeile, vis-a-vis von der Türkis Rosa Lila Villa, dem bekannten Lesben-, Schwulen- und Trans-Zentrum. "Haltet eure Kinder von dem Laden fern und die Leute darin von euren Kindern", warnt er.
Ein weiterer FPÖ-Jugendkamerad suchte sich das Ute Bock Haus in Favoriten als Drehort aus, ein Asylwerberwohnheim, benannte nach der 2018 verstorbenen Flüchtlingshelferin.
Es sei ein "Nest der Massenmigration" schimpft der FPÖ-Nachwuchspolitiker. Für die FPÖ-Jugend ist das Haus ein "Dreh- und Angelpunkt des Bevölkerungsaustausches mitten in Wien".
Auch jene Straße in Transdanubien, an der im Sommer 2021 die erst 13-jährige Leonie tot aufgefunden worden war nachdem drei Afghanen das Mädchen unter Drogen gesetzt und mehrfach vergewaltigt hatten, verwendet der FPÖ-Nachwuchs als Schauplatz für ihre Instagram-Serie.
Im Bermudadreieck, dort, wo im November 2020 ein islamistischer Attentäter vier Menschen tötete und 23 weitere verletzte, hielt vergangenen Februar ein Vertreter der FPÖ-Jugend ein Plädoyer für "Remigration".
Keplerplatz-Schubser Staudigl ist auf noch einem Video zu sehen. Diesmal auch im 10. Bezirk, in der Gudrunstrasse gegenüber vom Ernst-Kirchweger-Haus. Das Gebäude wurde Anfang der 1990er-Jahre von Autonomen und Linksradikalen besetzt und ist seitdem ein linkes Kulturzentrum.
Für Staudigl ist es hingegen ein "Shithole" - Anglizismen haben also auch die rechtsradikale Szene erfasst. "Da sieht man wieder einmal: Kommunisten arbeiten nicht für Eigentum. Sie stehlen es", sagt der rechtsextreme Aktivist. Dass das Haus seit 1945 im Eigentum der KPÖ war, hat der FPÖ-Videoboy nicht mitgekriegt.
Diese "Schandmal"-Filmchen zeigen auf, wo der aktuelle Wiener FPÖ-Nachwuchs politisch steht. Deshalb habe ich sie auch für Sie verlinkt – damit sie sich selbst ein Bild von der Radikalisierung des blauen Nachwuches machen können.
Aber noch klarer wird es, finde ich, bei einem Video der FPÖ-Jugend, das FPÖ TV im November 2022 auf YouTube stellte und in dem sie einen "Minderheitenschutz" für die österreichische Jugend in Wien fordert.
Darin zu sehen: ein süßes Mädchen mit blonden Zöpfen, das auf dem Weg in die Schule einen Zickzackkurs zwischen ausländisch aussehenden Männern und Frauen mit Kopftuch gehen muss. Am Ende färbt sich in diesem Video ganz Wien schwarz und die Stadt wird zu einer riesigen Moschee.
Können Sie sich noch an das Propagandavideo der Freiheitlichen Jugend erinnern, in dem die Jung-FPÖler gegen "Regenbogenterror", "Islamismus" und "Bevölkerungsaustausch wettern?
Und in dem sie unter anderem den Zeit im Bild 2-Moderator Armin Wolf und FALTER-Chefredakteur Florian Klenk als Feindbilder zeigen? Darin verrieten die jungen Blauen auch, wer ihre ideologischen Vorbilder sind.
Ich habe mir das damals hier genauer angeschaut: Von Diktatoren bis Samuraikämpfern ist alles dabei. Die Jungfreiheitlichen stellten ihr Video im August 2023 online, mittlerweile wurde es wieder entfernt.